Armut denken - Armut lenken

Drucke, Handschriften und Objekte erzählen aus der Frühen Neuzeit


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Hieronymus Bosch: „Krüppel, Bettler und Bettelmusikanten“, Inv.-Nr. A 50454. © Kupferstich-Kabinett, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Herbert Boswank

Das Bild des „betrügerischen Bettlers“

Die Ordnungen der Obrigkeiten sind jedoch nicht die einzigen Quellen, in denen eine Stigmatisierung von Armen gefunden werden kann. Ein Stereotyp, das sowohl bei den Obrigkeiten als auch in der breiten Bevölkerung verbreitet war, war das Bild der ‚falschen Bettler‘. Hiermit sind Bettler gemeint, die in der Gesellschaft der Frühen Neuzeit im Verdacht standen, körperliche oder auch geistige Beeinträchtigungen nur vorzutäuschen.  Auch andere Formen des Betruges wie gefälschte Schriftstücke und Identitätsbetrug wurden mit dem Stereotyp des ‚falschen Bettlers‘ in Verbindung gebracht.  Zwar gab es durchaus Bettler, die durch Betrug Almosen verdienten, aufgrund des Stereotyps bildete sich in der breiten Gesellschaft jedoch ein Generalverdacht gegen alle Bettler heraus.


Das auf der vorherigen Seite abgebildete ‚Liber vagatorum‘ stellte eines jener Werke dar, in denen verschiedene Arten von ‚falschen Bettlern‘ gesammelt und beschrieben wurden. Neben reinen Schriftwerken gab es dann auch Abbildungen, wie die hier gezeigte, die Verhaltensweisen falscher Bettler darstellen und den Leser hierdurch warnen sollten. Diese Darstellungen von betrügerischen Armen wirkten sich auf die Gesellschaft der Frühen Neuzeit aus und waren einer der Faktoren, die zu einer allgemeinen Stigmatisierung von Bettlern führten.


Während die obrigkeitlichen Stigmatisierungen der Frühen Neuzeit in der heutigen Zeit nicht mehr vorzufinden sind, so haben sich auch innerhalb der heutigen Bevölkerung bestimmte Vorurteile im Bezug auf Armut gehalten. Die Generalisierung von Bettlern als ‚falsche Bettler‘ in Bildern und Werken der Frühen Neuzeit lässt durchaus den Vergleich mit den Darstellungen von ‚Hartzern‘ und ‚Langzeit-Urlaubern‘ in den modernen Medien zu.