Armut denken - Armut lenken

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Kriminalisierung der Wirtshäuser

Eine Konsequenz der Stigmatisierung von Armut in der Frühen Neuzeit ist die Herabsetzung bestimmter Orte. Hierbei rückt das Wirtshaus mit seinen dazugehörigen Personengruppen immer wieder in den Fokus der obrigkeitlichen Verordnungen. Es galt als die potenzielle Brutstätte des liederlichen Lebenswandels und wird von der neueren Forschung auch als Inbegriff sozialer Unordnung und Unmoral charakterisiert. Das Wirtshaus war ein Ort, an dem der Trinkerei, dem Glücks- und Kartenspiel und bisweilen auch der Prostitution Raum gegeben wurde.

Die herzogliche Verordnung Adolph Friedichs III. (1686-1752) setzt die Wirtshäuser und Krüge mit ihren Betreibern unter einen Generalverdacht des kriminellen Handelns. Bereits in der Einleitung der Verordnung wird deutlich, dass vorherige Versuche zur Vertreibung bestimmter unerwünschter Personengruppen teils durch das Handeln der eigenen Bevölkerung ohne Wirkung blieben. Als Hauptverantwortliche werden hierbei die Wirte angeprangert. Diese werden beschuldigt, entgegen vorheriger Verordnungen fremde Bettler und verdächtige, straffällig gewordene Personen zu bewirten und zu beherbergen. Auch die Osnabrücker Bettelordnung des Jahres 1713 regelt, dass keine augenscheinlichen Bettler beherbergt werden dürfen. Wer über einen solchen Verstoß Bescheid wisse, solle dies umgehend der Obrigkeit melden. Zur Bekämpfung dieser Gesetzesverstöße reagierten die verschiedenen Landesherren oft ähnlich. So wird in der Ordnung Adolph Friedrichs festgelegt, dass Wirte, die verdächtige Personen beherbergen, mit Geldstrafen belegt würden. Unter diese verdächtigen Personen fielen fremde Bettler und Vagabunden, Diebesbanden und andere dubiose Personen. Bei groben Verstößen drohte mitunter sogar der Landesverweis. Zur besseren Umsetzung der Regelungen wurden auch die kommunalen Obrigkeiten damit beauftragt, die Wirtshäuser zu durchsuchen und Verstöße zu ahnden. Dabei sollten verdächtige Personen nach Befinden verhaftet und angeklagt werden. Zur Erstattung der Prozesskosten und eventuell entstandener Schäden galt es, die Wirte heranzuziehen, bei denen die Verurteilten aufgegriffen wurden. Weiter setzt die herzogliche Verordnung die Wirte teilweise mit Verbrechern gleich. So sollen die Betreiber der Wirtshäuser und Krüge, die an Diebstählen und Verbrechen beteiligt waren, den Dieben in irgendeiner Art und Weise geholfen hatten oder Diebesgut weiterverkauften, selbst für die Vergehen bestraft werden.

Hieran wird deutlich, dass den Wirten das Stigma eines dubiosen Berufes oblag und ihnen obrigkeitliches Misstrauen entgegenkam. Die Wirtshäuser und Krüge galten somit auch als ein Anlaufpunkt für illegale Geschäfte. Gleichzeitig wurden aber mit den meisten obrigkeitlichen Normierungen die Wirte selbst adressiert und nicht deren Gäste, weshalb sie als Vermittler zwischen Normen und zahlenden Gästen angesehen werden können. Der Spagat zwischen den ökonomischen Interessen des Betreibers und dem Wirtschaften nach den strengen obrigkeitlichen Auflagen schien jedoch nicht immer zu glücken.

Neben der Trinkerei und dem Glücks- und Kartenspiel wurde im Wirtshaus der Frühen Neuzeit auch die ein oder andere Auseinandersetzung mit den Fäusten geregelt. (Cornelis van Caukercken, nach Jan Miense Molenaer: Schlägerei im Wirtshaus, 1640-1680. © ETH-Bibliothek Zürich, Graphische Sammlung / D 11588 / Public Domain Mark 1.0)